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Stakeholdermanagement ist eine Schlüsselaufgabe in Projekten
Wieso gelingt die Umsetzung von bestimmten Projekten in Städten, wieso aber scheitern andere, die vielleicht sogar viel mehr Potenzial versprechen? Dieses Phänomen in Bezug auf Projekte kennt jede:r – ob in Unternehmen, Vereinen oder in städtischen / stadtgesellschaftlichen Kontexten. Nur warum ist dies so, was steckt dahinter und welche Möglichkeiten gibt es, dies zu verändern? In diesem Artikel beschäftigen wir uns mit der Einordnung des Stakeholdermanagements als Schlüsselaufgabe, um Projekte erfolgreich umsetzen zu können.
Kurzfassung:
Bei Bebauungs- oder Stadtentwicklungsprojekten ist sie ein etabliertes Instrument: Die formelle Beteiligung von Stakeholdern mit dem Ziel, Akzeptanz zu schaffen und Einwände zu minimieren, um den Prozess nicht zu verlängern. Thorsten Kausch, Geschäftsführer der Stadtmanufaktur, blickt auf die Chancen von Stakeholdermanagement im Kontext von Großprojekten und Großevents wie Landesgartenschauen und Kulturhauptstadt.
Stakeholdermanagement: Definition und Ausgangslage
Was ist Stakeholdermanagement?
Unter dem Begriff des Stakeholdermanagements versteht man den Prozess der Identifizierung, Analyse, Bewertung sowie Einbindung aller Personen oder Anspruchsgruppen, die von den Aktivitäten, Entscheidungen oder dem Erfolg eines Projekts, einer Organisation oder einer Initiative betroffen sind oder darauf Einfluss nehmen können.
Das Stakeholdermanagement zielt darauf ab, die Interessen, Bedürfnisse, Erwartungen und Anliegen der Stakeholder zu verstehen, nach Möglichkeit mit einzubeziehen, um eine positive Beziehung zu ihnen aufzubauen und das Erreichen der Ziele des Projekts oder der Organisation zu unterstützen. Grundlage ist eine auf diese Anspruchsgruppen ausgerichtete strategische Kommunikation, die sich von der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit bei Projekten unterscheidet bzw. diese inkludiert.
Inhaltliche vs. prozessuale Relevanz von Stakeholdern
Die Stakeholder haben unterschiedliche Perspektiven. Gleichzeitig haben sie aber auch unterschiedliche Relevanz im Hinblick auf das Projekt. Dabei gilt es, die inhaltliche Relevanz von der prozessualen Relevanz zu unterscheiden. Während die inhaltliche die Themen betrifft, die seitens der Stakeholder als mehr oder weniger wichtig eingeschätzt werden, sind bei der prozessualen Relevanz die Person und ihre Wirkungsmöglichkeiten im positiven wie negativen Sinne zu bewerten – unabhängig von der formellen und informellen Rolle des jeweiligen Kopfes oder der Institution.
Reason why: Darum lohnt sich Stakeholdermanagement
Ein strategisch aufgesetztes Stakeholdermanagement trägt dazu bei, das Risiko eines Projektes zu minimieren, den Erfolg zu fördern, die Legitimität zu stärken und langfristige Beziehungen zu den relevanten Interessengruppen aufzubauen. Somit ist es ein Schlüssel zur erfolgreichen Stadtentwicklung und zur Realisierung von Projekten und Ideen.
Zugleich bildet ein nicht stringentes Stakeholdermanagement ein großes Prozessrisiko. Dieses existiert vor allem in einer mangelhaften Kommunikation, wenn Stakeholder nicht oder unangemessen informiert werden und sich daher nicht gehört fühlen. Dies führt zu Misstrauen, Widerstand und Konflikten wie beim Beispiel des Projekts Stuttgart 21. Gleichzeitig kann ein gut aufgesetztes und proaktives Stakeholdermanagement Kräfte aktivieren, Qualität sichern, Allianzen schaffen und somit Hemmnisse überwinden oder Widerstände aufbrechen.
„Projekte scheitern nicht an der Idee, sondern an den Prozessen.“
Großprojekte und Großevents: Chancen nutzen, Risiken minimieren mit Stakeholdermanagement
Blick von oben: Vorteile von Großprojekten für die Städte
Großereignisse wie Landesgartenschauen oder Kulturhauptstädte bieten Städten vielfältige Chancen. So bieten sie die Möglichkeit,
- brachliegende oder vernachlässigte Flächen in der Stadt zu revitalisieren und städtebaulich aufzuwerten. Neue Grünflächen, Parks und Gartenanlagen oder Verbindungswege können geschaffen werden, die nicht nur das Stadtbild verschönern, sondern auch die Lebensqualität der Bürger:innen verbessern und die Funktionalität steigern.
- Besucher:innen aus der Region und darüber hinaus anzuziehen, was einen positiven Effekt auf den Tourismus und die lokale Wirtschaft haben kann. Die Besucherzahlen steigern nicht nur die Einnahmen aus Tourismusaktivitäten, sondern bringen auch zusätzliche Aufmerksamkeit für die Stadt und ihre Attraktionen.
- neue Arbeitsplätze in verschiedenen Bereichen, von der Planung und Organisation über den Bau bis hin zum Betrieb der Veranstaltung, zu schaffen.
- ökologische Prinzipien zu fördern und nachhaltige Praktiken zu etablieren. Durch die Gestaltung von grünen und naturnahen Bereichen können ökologische Lebensräume geschaffen, die Biodiversität gefördert und die Transformation der Stadt forciert werden.
- Menschen aus verschiedenen Teilen der Stadt und der Region zusammenzubringen und soziale Integration und ein Gemeinwesen zu fördern. Veranstaltungen, Workshops und kulturelle Aktivitäten während des Eventzeitraums bieten Gelegenheiten für Begegnungen und den Austausch zwischen Bürger:innen unterschiedlicher Herkunft und Interessen.
Landesgartenschau in Ingolstadt 2024: Ein Großprojekt mit vielen Beteiligten und Stakeholdern quer durch die Stadt
Blick in die Stadt: Chancen und Risiken von Großprojekten und Großevents
Aufgrund der genannten Vorteile haben viele Personen und / oder Initiativen ein gesteigertes Interesse an einem solchen Großevent und verbinden damit konkrete – mittel- oder unmittelbare – Erwartungen. Diese können sehr heterogen oder sogar gegensätzlich ausfallen und Chancen und Risiken zugleich.
Chancen: Ereignis von vielen, für viele
Die Chancen liegen darin, das Event zu einem Ereignis von vielen und für viele zu gestalten, sie zu Beteiligten zu machen und ihnen die Möglichkeit zu geben, mittels eines eigenen Engagements einen Beitrag zum Gelingen leisten zu können; kurz um, sie zu Mitstreitern zu machen. Somit erfolgt eine breite Beteiligung, die zu einem gemeinschaftlichen Miteinander und dadurch zu einer positiven Kommunikation und im Ergebnis besseren Wahrnehmung für das Event und für die Stadt führt.
Risiken: Widerstände und fehlende Akzeptanz
Das Risiko besteht hingegen darin, eine erforderliche Akzeptanz zu verhindern und Widerstände zu erzeugen, die sich negativ auf die Prozesse und auf die Wahrnehmung auswirken. So können einzelne Akteur:innen Sorge haben, dass der Fokus für das Event dazu führt, dass die bisherigen Aktivitäten in den Hintergrund gedrängt werden und die nötige Unterstützung leidet. Es kann jedoch auch Bedenken bei denen auslösen, die keine unmittelbare regionale Nähe zum Austragungsort haben, in dem sie sich dadurch von positiven Entwicklungen abgehängt fühlen.
To-dos: Perspektiven berücksichtigen – und nachhaltige Beziehungen aufbauen
Wichtig ist es daher, im Sinne des Stakeholdermanagements diese Perspektiven und Bedürfnisse sowie Sorgen bei jedem Projekt mit öffentlichen Auswirkungen – egal ob klein oder groß – zu berücksichtigen. So ist es in der Analysephase von besonderer Bedeutung, möglichst alle Interessens- / Anspruchsgruppen bzw. Einzelpersonen mit ihren (positiven oder negativen) Perspektiven zu berücksichtigen und diese zu qualifizieren, um daraus die erforderlichen und passgenauen Kommunikationsmaßnahmen abzuleiten.
Im Prozessverlauf bedarf es dann einer stetigen Überprüfung (optimalerweise vor wichtigen Meilensteinen), um nachsteuern zu können. Und im Nachgang sollten die gewonnenen Netzwerke und Zugänge zu Stakeholdern für weitere Kommunikationsmaßnahmen oder Projekte berücksichtigt werden, um nachhaltig Arbeits- und Beziehungsgeflechte zu etablieren.
Bild-Credit: pixabay / inkognito-photography
Thorsten Kausch
ist Geschäftsführer der Stadtmanufaktur und leidenschaftlicher Stratege, Impulsgeber, Netzwerker